Anton Bruckner (1824 -1896)

Bruckner entstammte einer oberösterreichischen Bauernfamilie.
1837 bis 1840 Singknabe im Stift Sankt Florian. Nach seiner Lehrerausbildung in Linz und Tätigkeit als Schulgehilfe in Landgemeinden wurde er 1845 Lehrer in Sankt Florian, 1848 Organist der Stiftskirche. Er bildete sich musikalisch im Selbststudium weiter, bis ihm 1855 das Amt des Domorganisten in Linz übertragen wurde.
1855-61 nahm Bruckner von hier aus Theorieunterricht bei S. Sechter in Wien; danach beschäftigte er sich in Linz bei 0. Kitzler mit Formenlehre und Instrumentation und lernte durch ihn die Werke Wagners kennen.
Nach einigen Versuchen (Quartett, Ouvertüre, 2 Sinfonien) schrieb Bruckner mit 40 Jahren seine ersten vollgültigen Werke (l. Messe d-Moll 1864, 1. Sinfonie c-Moll 1865/66).
Als bereits bekannter Orgelspieler und -improvisator unternahm er Konzertreisen nach Frankreich, England und in die Schweiz. 1868 wurde er Nachfolger Sechters am Wiener Konservatorium als Professor für Generalbaß, Kontrapunkt und Orgel, 1875 auch Lektor für Harmonielehre und Kontrapunkt an der Universität und 1878 Hoforganist.
In Wien entstanden in zwei Schaffensperioden die meisten seiner sinfonischen Werke (1871 bis 1876: 2. bis 5. Sinfonie; 1879-85: Streichquintett, 6. bis 8. Sinfonie, Te Deum); die 9. Sinfonie (1887-96) blieb unvollendet.
In der Zwischenzeit widmete sich Bruckner dem Umarbeiten seiner Werke, um sie zu vervollkommnen, aber auch, um sie aufführbar zu machen, wobei er stets den Änderungsvorschlägen der Dirigenten nachgab (seit der zweiten waren seine Sinfonien für unspielbar erklärt worden). Der Wiederherstellung der ursprünglichen Fassungen, die Bruckner ausdrücklich für spätere Zeiten bewahrt wissen wollte, ist die von der Bruckner Gesellschaft herausgegebene Gesamtausgabe der Werke Bruckners gewidmet. Durch die Widmung der 3. Sinfonie an Wagner und durch den Beitritt zum Wagner-Verein in Wien geriet B. in den Streit zwischen »Neudeutschen« (Liszt, Wagner) und »Traditionalisten« (Brahms). Wagner, den er hoch verehrte, hat er sich auf dem Gebiet der Harmonik und Instrumentation zum Vorbild genommen.

Andere Einflüsse kamen von Beethoven und Schubert und auch aus der geistl. Musik des 16. und 17. Jahrhunderts.
Die chorisch-blockhafte Behandlung des Orchesters, der »Registerwechsel«, die Mischung von Klangfarben sind am Orgelspiel orientiert. Aufgewachsen in den kirchliche Traditionen, ist seine Kunst stark durch eine geradezu naive Frömmigkeit geprägt.
Seine drei großen Messen sind Bekenntniswerke in der Nachfolge von Beethovens Missa solemnis,- im Te Deum erreicht B. höchste Steigerung mit elementaren musikal. Mitteln. Aus der gleichen inneren Einstellung komponierte er seine durch geistige Einheitlichkeit und monumentale Ausweitung gekennzeichneten Sinfonien (mit 3 Themen in den Hauptsätzen und zusätzlichem Bläserchoral, von der 5. Sinfonie an vor Allem im Finale).
Allen Werken eignen harmonische Kühnheiten, große Steigerungswellen und eine rhythmische Energie, die unter anderem in den oft vom oberösterreichischen Volkstanz beeinflußten Scherzi hervortritt, ebenso die kontrapunktische Verarbeitung der Themen, am weitesten geführt in der Doppelfuge des Finales der 5. Sinfonie. Durch die von einem prägnanten Motiv ausgehende Themenerfindung und -verarbeitung erhalten auch Exposition und Reprise den Charakter von Durchführungen. Einen stärkeren Zusammenhalt innerhalb der Sinfonien strebte er durch die thematische Gleichheit im 1. und 4. Satz an. Das Adagio erhielt eine eigene Ausprägung (besonders bekannt geworden das der 7. Sinfonie mit der Trauermusik auf Wagners Tod in der Coda). Erst mit der Aufführung der 7. Sinfonie erhielt Bruckner nach langer Zurücksetzung volle Anerkennung als Komponist (die 6. und 9. Sinfonie wurden erst nach seinem Tod uraufgeführt).