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Presse
Traunsteiner Tagblatt, 24. Mai 2002
Ostergelächter und Pfingstjubel
Festliches Kirchenkonzert in der Klosterkirche Baumburg mit dem Kammerchor Trostberg
Monastische Verhaltenheit und Noblesse charakterisierte den Choral „Spiritus Domini replevit orbem terrarum“ – „Des Herren Geist erfüllt den Erdkreis“, den Introitus des Pfingstfestes. Damit setzte der Trostberger Kammerchor beim Musiksommer-Konzert in der Baumburger Klosterkirche die Maßstäbe für das geistliche Konzert und bewies, welchen Leistungsstand er in gründlicher und hochmotivierter Probenarbeit mit Armin Salfer erreicht hat. Für einen Laienchor mag der Vergleich mit schwedischen Ensembles in der Tat zu hoch gegriffen sein.
Der Komponist Andreas Hammerschmidt (1612 bis 1675) zählt zu den großen sächsischen Meistern und reiht sich in die Reihe der illustren „Sch“ ein: Heinrich Schütz, Johann Hermann Schein und Samuel Scheidt. seine sechsstimmige Motette a cappella „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz“ – die freundschaftliche Nähe zu Schütz ist unüberhörbar – erklang als musikalisches „Dokument“ spätreformatorischer Glaubensgewissheit.
Des Jacobus Gallus (auch Händel oder Petelin geheißen, 1550 bis 1591) „Pater noster“ für acht Stimmen a cappella ist das werbende (und werbewirksame) Kontrastprogramm zu Hammerschmidt: Klangpracht und Affektfülle erklangen in gültiger Ausdeutung. Gallus war eng mit dem jungen Jesuitenorden verbunden. Sein Werk widerlegt prägnant das alte Vorurteil: „Societas non cantat“ – „Der Gesellschaft Jesu ist die Gesangskunst nicht gegeben“.
Von der Spätrenaissance zur Klangrede der Gegenwart:Der Sprung über den Zeitgraben war enorm, aber der spanische Zeitgenosse Javier Busto (Jahrgang 1949) und Gallus vertrugen sich vortrefflich. Bustos „Laudate Dominum“ erwies sich als fast melancholisches Gotteslob menschenfreundlicher Artung. Wundersam verschwebend, verhauchend brachte der Kammerchor das Amen.
Gaudentius Lenghamer, Konventuale des Augustiner-Chorherrenstifts zu Baumburg (1699 bis 1733) gehört zu den Frühvollendeten, an denen die barocke Musikgeschichte reich ist. Er hätte sich – um Shakespeare zu variieren – sicher „höchst königlich bewährt“. Sein Offertorium „De Dedicatione Templi“ – „Von der Weihe der Kirche“ aus „Symphonia sacra“ bot ästhetisch viel mehr als eine bloße Hommage ans heimatliche Stift. Man hörte Musik fast so, wie man sich den Hochbarock im Land vor den Bergen vorstellt: Angenehmster Ohrenschmaus, anspruchsvoll mit Bläserschall und -pomp, aber doch geeignet für die Hochämter in den Landkirchen des Archidiakonates Baumburg.
Das Kammerorchester Trostberg unter Konzertmeister Joseph Birner, Sonja Brandl am Orgelpositiv sowie die tüchtigen und bewährten Solisten Elisabeth Schöx (Sopran), Eva Maria Kreckl (Alt), Richard Eschlbeck (Tenor) und der Bassist Günther Stöckl – und natürlich der Chor – unter der feinnervig differenzierenden Leitung Armin Salfers blieben dem reizvollen Stück nichts schuldig.
Der Quasi-Anonymus Johann Georg Feldmayr gehört zu denen, die die Musikgeschichte untergepflügt hat. Aus der Hallertau soll er stammen, an der renommierten Wallersteinschen Hofkapelle amtete er. Die im Ablaufschema des Programmzettels angeführten Lebensdaten [Anm.: 1579 bis 1635] stimmen (grandios) nicht und stehen auch im Gegensatz zum Programmtext. Feldmayrs „Vesperae ex C de Domenica“ gehört nicht zum Frühbarock, sondern erweist sich als Opus aus der Zeitgenossenschaft etwa eines Salieri. Die Vespervertonung ist keine große Musik, knüppeldick regneten die Einfälle auf den Tonsetzer nicht eben herab. Ein besonders reizvolles Exempel einer geistlichen Gebrauchsmusik fand sich aber beim „Laudate Dominum“.
Ganz anders hörte sich da ein „Surrexit Christus hodie“ „Christ ist heute erstanden“ eines weiteren Vergessenen an. Johann Friedrich Korb, alles andere als ein Kleinmeister, hat es wohl um 1750 geschrieben. Das war ein komponierter „Risus paschalis, ein Ostergelächter“ der besten Kategorie, schmissig und elegant und von spiritueller Heiterkeit.
Das musikalische Feuer des Pfingstgeistes ließ zum Schluss Johann Michael Haydn – in kongenialer Interpretation – spüren. Sein „Veni, sancte Spiritus“ – „Komm, Heiliger Geist“ (MH 39) war krönender und triumphierender Ausklang eines geglückten Konzertabends.
Die Stiftskirche war fast voll besetzt. Für den aufrauschend intensiven Beifall dankten die Künstler mit einer Reprise des „Veni, sancte Spiritus“.
Trostberger Tagblatt, 23. Mai 2002
Klingendes Gotteslob zum Pfingstfest
Musiksommer-Kirchenkonzert des Kammerchors Trostberg in der Baumburger Stiftskirche
Elf Jahre Kammerchor Trostberg sind in erster Linie elf Jahre gepflegter A-cappella-Gesang. Das festliche Kirchenkonzert in der Reihe des Musiksommers zwischen Inn und Salzach war dafür ein gediegenes Beispiel.
Was an diesem Chor besonders besticht, das ist die Konstanz seiner hohen Sangesqualität. Das ist aber auch der Mut, ausgetretene Pfade zu verlassen und sich der weniger bis gar nicht gängigen sakralen Musikliteratur zu widmen. Wer sich ein bisschen in der Situation unserer Kirchenchöre auskennt, weiß am ehesten ein so stabiles, an anspruchsvollem Niveau festhaltendes Ensemble wie den Kammerchor Trostberg zu schätzen. Motivation durch Armin Salfers künstlerisch hohe Messlatte dürfte einer der wesentlichen Gründe für den Erfolg dieses Chores sein.
Mit einem prächigen Gotteslob als Vorbereitung auf das Pfingstfest quer durch die Jahrhunderte ist dieses Musiksommer-Kirchenkonzert gestaltet worden. Und auch an diesem Abend ist sich Armin Salfer, der Trostberger Kirchenmusiker von St. Andreas mit seinem Kammerchor treu geblieben. Seltene Chorsätze gab es zu hören und diese mit fast schon akribischer Liebe zum Detail ausgearbeitet. Dabei konnte sich dann auch die ganze A-capella-Kunst des Kammerchores so richtig entfalten. Einem asketisch vorgetragenen gregorianischen Introitus zum Pfingstfest folgte eine sechsstimmige Motette von Andreas Hammerschmidt aus dem siebzehnten Jahrhundert und ein rund hundert Jahre früher entstandenes achtstimmiges „Pater noster“ des Jakobus Gallus.
Wie mit A-capella-Klängen in der Tonsprache unserer Zeit aufrüttelnd, aber würdig umgegangen werden kann, zeigt Javier Busto mit seinem „Laudate Dominum“ für vier- bis siebenstimmigen Chor. Sachlich und nüchtern geht es hier zu, aber deswegen nicht weniger andächtig. Skandierend erfolgen die Aufrufe zum Laudate Dominum. Der Zuhörer fühlt sich eingebunden. Grandios und an Sphärenklänge erinnernd, die sich langsam aufbauende, faszinierende Klangwolke der einzelnen Stimmlagen am Schluss. Armin Salfer schien seinen Kammerchor mit knapper Zeichengebung geradezu zu fixieren. Atemlose Stille danach in der Stiftskirche als Zeichen dafür, dass die Zuhörer diese Sprache verstanden und sich von ihr im Innersten angesprochen gefühlt hatten.
Neben diesem A-capella-Erlebnis gab es an diesem Abend mit Elisabeth Schöx (Sopran), Eva-Maria Kreckl (Alt), Richard Eschlbeck (Tenor) und Günther Stöckl (Bass) auch noch ein stimmlich ausgewogenes Solistenquartett zu hören. Gaudentius Lenghamers Ausschnitt aus seiner Symphonia sacra für Soli, Chor, Orchester und Orgel stellte Ansprüche an die Konzentration von Tenor und Bass in einem kurzen Duett und an das Sopransolo, dem sich Elisabeth Schöx mit klarer Diktion und reifer Ausdruckskraft widmete. Es folgten Johann Georg Feldmayrs wenig aufregende, wenngleich für seine Zeit ungewöhnliche melodiöse „Vesperae ex C de Domenica“ sowie das gefällige „Surrexit Christus hodie“ von Johann Friedrich Korb, ebenfalls für Soli, Chor, Orchester und Orgel, das sich mit seinem strahlenden Halleluja zum Abschluss wie ein drängendes Glaubensbekenntnis verhielt.
Das kleine Kammerorchester in seiner teils begleitenden, teils selbstständigen Funktion trat vor allem in den Violinen selbstsicher auf und stahl hin wieder dem Chor ein wenig die Schau. Aber die Stärke des Kammerchores ist nun einmal sein A-capella-Potenzial und darauf sollte sich Armin Salfer konzentrieren. Mit Johann Michael Haydns „Veni, sancte Spiritus“ wurde zum Ausklang noch einmal auf das Pfingstfest hingewiesen.
Armin Salfer, die Solisten, der Kammerchor, das Kammerorchester und Sonja Brandl an der Orgel haben sich speziell mit diesem klangvollen festlichen Pfingstruf um die Bewahrung musikalischer Raritäten, wie schon im gesamten Konzertverlauf zuvor, verdient gemacht.